Baubegleitende Untersuchungen
Projektzeit: März/April 2017
Fläche: 1.355 m²
Koordinaten: N 52.63698, E 12.67041
Zeitstellung: Römische Kaiserzeit, Slawenzeit
Pessin liegt auf einer kleinen Grundmoräneninsel im westlichen Havelland, dicht an der Nauener Platte. Nördlich verläuft der Große Havelländische Hauptkanal. Das Baugelände befindet sich im Bereich eines Siedlungsplatzes der Römischen Kaiserzeit und der Slawen. Außerdem ist aus der Umgebung ein Körpergräberfeld bekannt, dass sich aber nicht mehr näher lokalisieren ließ. Bei archäologischen Untersuchungen auf der anderen Straßenseite, Retzower Weg 14a und b, wurden von der Archäologie Manufaktur bereits Funde und Befunde aus der Römischen Kaiserzeit, dem spätslawischen Mittelalter und der frühen Neuzeit festgestellt. Bei der jetzigen Baumaßnahme, dem Bau eines Einfamilienhauses mit zwei Garagen, Zufahrt, Abwassersammelgrube und Medientrasse, wurde eine relativ große, sich über einen Südosthang erstreckende Fläche von ca. 1355 m² geöffnet.
Wie zu erwarten war, wurden Befunde einer kaiserzeitlichen Siedlung angetroffen. Nach bisherigem Arbeitsstand handelt es sich dabei um 24 Gruben, 41 Pfosten, eine Steingrube (Feuerstelle?), eine aus Steinen gesetzte Feuerstelle und eine humusgefüllte flache Senke mit einer umfangreichen Fundkollektion. An einer Stelle fügen sich die Pfosten anscheinend zu einem Gebäudegrundriss zusammen. An der südöstlichen Grabungsgrenze liegen zylinderförmige Speichergruben und Pfosten, die vom Kolluvium überdeckt werden.
Am südlichen Rand der Untersuchungsfläche wurden zwei Körpergräber angetroffen. Aufgrund ihrer West-Ost-Orientierung und Beigabenlosigkeit dürften sie mittelalterlich sein. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde nun das für die Umgebung des Bodendenkmals überlieferte, aber nicht mehr lokalisierbar gewesene Gräberfeld wiederentdeckt. Es wird zu nördlich der Untersuchungsfläche (Retzower Weg 14a) gelegenen spätslawischen Siedlung gehört haben. Allerdings handelt es sich bei den nun aufgefundenen Gräbern um Kopfnischengräber, womit ihnen eine besondere Bedeutung zukommt. Die Bestattung in Kopfnischengräber ist eine christliche, von den Siedlern aus dem Westen mitgebrachte und eigentlich an Kirchhöfe gebundene Sitte. Entweder handelt es sich um christianisierte Slawen oder um Verstorbene aus einer frühen „Pionier“siedlung. Tatsächlich tritt schon für das Jahr 1197 im Zusammenhang mit der Bezeugung der Schenkung von Ketzin und Knoblauch durch Otto II. an das Domkapitel zu Brandenburg ein Priester aus dem Ort Pusyn, “Marsilius sacerdos de Pusyn” auf; allerdings könnte es sich bei dem genannten Ort auch um Päwesin handeln.